Eine traurig schauende Jugendliche im Schulflur - Artikel über Depressionen

Verstehen, Stärken, Wachsen: 3 Säulen der Kinder- und Jugendlichentherapie mit Julia

Lesezeit: 4 min

Einleitung

Hi, ich bin Julia und seit Oktober als Safari-Rangerin Teil des Teams der TALENT SAFARI. Ich bin Psychologin und aktuell in fortgeschrittener Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie. Als ausgebildete Psychologin verfüge ich über fundiertes Wissen in der Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen. Meine Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hat mir gezeigt, wie entscheidend es ist, schwierige Situationen zu erkennen und neue, förderliche Verhaltensweisen zu erlernen. Ein zentraler Bestandteil meiner Arbeit ist der Fokus auf die Ressourcen und Stärken der Kinder und Jugendlichen, da diese für ihre persönliche Entwicklung von großer Bedeutung sind. Durch das Herausarbeiten und Fördern dieser Potenziale können junge Menschen ihre eigenen Fähigkeiten entdecken und damit Selbstvertrauen aufbauen. In der Therapie ist es daher wichtig, die vorhandenen Stärken zu nutzen und gezielt weiterzuentwickeln, um nachhaltige Veränderungen zu erreichen. Daher möchte ich in meinem Blogartikel darauf eingehen, wie ich mein psychologisches Wissen in die Psychotherapie einbringe und dabei Stärken sichtbar mache sowie den Blick auf Potenziale schärfen kann.

Verhaltenstherapie als Grundrichtung

Der Schwerpunkt meiner Ausbildung an der Heidelberger Akademie für Psychotherapie liegt auf der Verhaltenstherapie. Verhaltenstherapie bedient sich der wissenschaftlichen Forschungserkenntnisse der Psychologie und nutzt dieses Wissen, um Verhaltensweisen einzuordnen, Zusammenhänge zu erkennen und neue Handlungsstrategien zu entwickeln. Die Techniken in der Behandlung psychischer Erkrankungen erfolgen konkret und setzen an verschiedenen Ebenen des Verhaltens und Erlebens, sowie den auslösenden und aufrechterhaltenden Problemsituationen an. In der Verhaltenstherapie gibt es für fast jede psychische Erkrankung Behandlungsansätze. Dabei wird sowohl störungsspezifisch als auch störungsübergreifend gearbeitet. Zentral ist in jedem Fall, dass schwieriges Verhalten erlernt wurde und somit auch wieder verlernt werden kann. Verhaltenstherapie setzt im Hier und Jetzt an und soll die Kinder und Jugendlichen langfristig zur Selbsthilfe anleiten. Sie bietet dabei praktische Werkzeuge, um Schritt für Schritt an konkreten Schwierigkeiten zu arbeiten und gleichzeitig das Selbstbewusstsein und die Motivation zu fördern (Heßler-Kaufmann & Neudeck, 2020; Margraf, 2018).

Die folgenden Grundprinzipien beeinflussen den Erfolg der Verhaltenstherapie: Verhaltenstherapie setzt an Verhalten im Hier und Jetzt an Verhaltenstherapie ist zielorientiert und handlungsorientiert Verhaltenstherapie ist „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Ressourcenarbeit in der Psychotherapie

Ein zentraler Aspekt meiner Arbeit ist die ressourcenorientierte Herangehensweise. Kinder und Jugendliche sowie deren Bezugspersonen haben häufig einen Fokus auf die aktuellen Schwierigkeiten und Defizite. Eine ressourcenorientierte Arbeit kann bewusst Stärken, Talente und Potenziale der Kinder und Jugendlichen sichtbar machen. Diese Erkenntnisse fließen schließlich in die individuelle Förderung und Therapie mit ein. Die Stärken der Kinder und Jugendlichen werden bewusst genutzt, um neues Verhalten zu erlernen. Durch positive Verstärkung kann gezielt selbstwirksames Handeln gefördert werden. Die Kinder und Jugendlichen lernen, mit den vorhandenen Ressourcen und individuellen Stärken Herausforderungen zu bewältigen. Das Gefühl, dass die Stärken wahrgenommen und die Kinder und Jugendlichen nicht allein auf die Schwierigkeiten reduziert werden, stärkt nicht nur die Motivation, sondern auch die Freude am Lernen und Ausprobieren neuer Dinge. Zentral für die ressourcenorientierte Arbeit ist zudem der Einbezug wichtiger Bezugspersonen, die die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen maßgeblich beeinflussen. Dabei ist neben dem Stärken schon bekannter Ressourcen ein weiterer zentraler Aspekt, noch unbekannte Ressourcen aufzudecken (Erhart, Wille & Ravens-Sieberer, 2008; Härter et al., 2015).

Psychotherapie trägt dazu bei, dass Kinder und Jugendliche …

  • … ihre Talente und Begabungen erkennen.
  • … erleben, dass sie nicht über ihre Schwierigkeiten definiert werden.
  • … ein positives Selbstbild entwickeln.
  • … mehr Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten gewinnen.
  • … sich in der Schule, in Freundschaften und in der Familie sicherer und selbstbewusster zeigen.

Fundierte Diagnostik

Durch mein psychologisches Studium habe ich ein fundiertes Wissen an Diagnostik und wirksamen therapeutischen Methoden. In der Diagnostik steht die ganzheitliche Herangehensweise im Vordergrund. Es geht um mehrere Bausteine:

  • Psychologische Exploration mit dem Kind und den Eltern
  • Verhaltensbeobachtung
  • Psychologische Test- bzw. Leistungsdiagnostik
  • Psychologische Fragebogendiagnostik
  • Klinischer Eindruck und Gesamturteil

Der diagnostische Prozess ist dabei mehr als die Besprechung der Schwierigkeiten und Ressourcen der Kinder und Jugendlichen. Es geht auch hierbei schon um einen therapeutischen Beziehungsaufbau, die Klärung des therapeutischen Auftrags und den Aufbau einer Änderungsmotivation. Mit einer fundierten psychologischen Diagnostik wird der Grundstein für eine wirksame Therapie gelegt. Diagnostik bedeutet in der Psychologie nicht, in Schubladen zu stecken, sondern genau hinzusehen, um individuelle Wege zu finden und das Kind in seiner Einzigartigkeit zu fördern (Schneider & Adornetto, 2018).

Fazit und Ausblick

Durch mein psychologisches Grundwissen sowie die Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychotherapie schaffe ich einen Mehrwert sowohl im diagnostischen als auch im therapeutischen Bereich bei der TALENT SAFARI. Mit meinem verhaltenstherapeutischen Schwerpunkt setzte ich an den aktuellen Schwierigkeiten an, verliere dabei aber nie die ressourcenorientierte Herangehensweise aus den Augen. Somit kann ein Ort geschaffen werden, an dem sich die Kinder und Jugendlichen öffnen können und neues Lernen möglich wird. Dadurch möchte ich die Kids und Teens bei der TALENT SAFARI ein Stück auf ihrem weiteren Weg unterstützen und ihnen Werkzeuge an die Hand geben, die sie stark machen und die sie in Zukunft eigenständig nutzen können.

Julia Hartmüller

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Referenzen

Erhart, M., Wille, N. & Ravens-Sieberer, U. (2008). Empowerment bei Kindern und Jugendlichen – die Bedeutung personaler und sozialer Ressourcen und persönlicher Autonomie für die subjektive Gesundheit. Das Gesundheitswesen, 70, 721–729.

Härter, P., Poncet, M., Tombez, N. & Zesiger, A. (2015). Ressourcenaktivierung in der beraterisch-therapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Erziehungsdirektion des Kantons Bern.

Heßler-Kaufmann, J. & Neudeck, P. (2020). Therapie-Tools Störungsmodelle in der Verhaltenstherapie. Weinheim: Beltz.

Margraf, J. (2018). Hintergründe und Entwicklung. In J. Margraf & S. Schneider (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 1: Grundlagen, Diagnostik, Verfahren und Rahmenbedingungen psychologischer Therapie (S. 3–36). Heidelberg: Springer.

Schneider, S. & Adornetto, C. (2018). Diagnostisches Vorgehen. In S. Schneider und J. Margraf (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 3: Psychologische Therapie bei Indikationen im Kindes- und Jugendalter (S.121–144). Heidelberg: Springer.