
Von Lisa – Pädagogin und angehende Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche
Lesezeit: 6 min
Einleitung
Hallo, ich bin Lisa, Pädagogin und in fortgeschrittener Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Seit September bin ich Teil der TALENT SAFARI und freue mich auf neue Abenteuer und Entdeckungsreisen – gemeinsam mit Kindern, Jugendlichen und ihren Familien.
Meine beruflichen Stationen – ein Pädagogikstudium, praktische Erfahrungen in der stationären Jugendhilfe, Jahre als Schulsozialarbeiterin und eine systemische Fortbildung – haben meinen Blick auf Kinder, Jugendliche und Familien geprägt. Ich habe gelernt: Beziehungsaufbau, Vertrauen und ein geschützter Rahmen sind entscheidend dafür, dass Entwicklung, Veränderung und Heilung möglich werden.
In diesem Blogartikel möchte ich Ihnen zeigen, warum ein pädagogischer Hintergrund in der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen so wertvoll ist und wie er mit systemischem Denken und Verhaltenstherapie Hand in Hand geht.
Pädagogik: Alltagsnah und präventiv
Pädagoginnen und Pädagogen bringen oft kreative, nonverbale Methoden mit: Spiele, Metaphern, Visualisierungen, Bastelmaterialien oder Erzählen – Techniken, die psychotherapeutisch wertvoll sind und dabei helfen, mit den Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu kommen und eine Beziehung aufzubauen. Pädagogische Fachkräfte begleiten Kinder und Jugendliche in ihrem Alltag, kennen ihre Lebenswelt und können früh erkennen, wenn etwas nicht rund läuft. Dieser präventive Ansatz ist besonders wichtig: Er hilft, Probleme zu verhindern, bevor sie schwerwiegender werden. Studien zeigen z. B. dass schulbasierten Interventionsprogramme die Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen fördern, sich an Stressoren anzupassen, das allgemeine Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen verbessern können und das Risiko von maladaptiven psychologischen und Verhaltensreaktionen zu senken (Cai et al., 2025).
Einige Beispiele:
- Frühe Unterstützung: Pädagog:innen erkennen Belastungen und können Familien auf z. B. staatliche Hilfsangebote hinweisen. So lassen sich Belastungen im Alltag verringern und die Entstehung psychischer Störungen vorbeugen.
- Alltagsorientierung & Alltagsnahe Begleitung: Hilfe im Schulalltag, Beratung zu Konfliktlösung oder Strukturierung des Tages. Pädagogik hilft, Therapieinhalte in den Alltag zu übertragen, z. B. das Üben von Entspannungstechniken oder das Anwenden neuer Strategien zu Hause.
- Ressourcen stärken: Pädagog:innen sehen nicht nur Probleme, sondern erkennen Stärken der Kinder und fördern diese gezielt – ein Ansatz, der Motivation, Mut, Selbstwirksamkeit und Resilienz unterstützt.
Beziehungsarbeit: Grundlage für Veränderung
Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus meiner pädagogischen Arbeit ist: Vertrauensvolle Beziehungen sind die Basis für Entwicklung und Heilung. Kinder und Jugendliche öffnen sich eher, wenn sie sich sicher fühlen und den Bezugspersonen vertrauen.
- Pädagog:innen haben Erfahrung darin, tragfähige Beziehungen aufzubauen – im Klassenzimmer, in Gruppen oder in Einzelsettings.
- Diese Beziehung wirkt bereits heilend und bietet die Grundlage, auf der psychotherapeutische Arbeit aufbauen kann.
- Auch Eltern profitieren: Durch Beratung und Begleitung auf Augenhöhe können Konflikte entschärft und neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden.
Studien bestätigen, dass Beziehungsqualität ein entscheidender Faktor für den Erfolg therapeutischer Maßnahmen ist (Axline, 2015; Petermann & Wiedebusch, 2016).
Systemische Sichtweise: Kinder im Kontext sehen
Kinder sind immer Teil eines größeren Systems: Familie, Schule, Peers. Probleme zeigen sich oft in den Beziehungen und Dynamiken innerhalb dieser Systeme.
- Systemisches Denken hilft zu verstehen, wie Familiendynamik, Schulumfeld oder Freundeskreise das Verhalten, Denken und Fühlen eines Kindes beeinflussen.
- Pädagog:innen kennen diese Dynamiken aus der Praxis und können Brücken zwischen den Lebensbereichen der Kinder und therapeutischen Angeboten bauen.
- Eltern werden nicht nur beraten, sondern aktiv in den Prozess einbezogen – z. B. durch Gespräche, Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten oder Vermittlung an passende Unterstützungseinrichtungen.
Die Kombination von systemischer Sichtweise und Psychotherapie erhöht nachweislich die Nachhaltigkeit von psychologischen Interventionen (Stierlin, Simon & Wynne, 2019).
Verhaltenstherapie: Bewährte Hilfe für Kinder und Jugendliche
Die Verhaltenstherapie ist eine wissenschaftlich fundierte Methode, um psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen zu behandeln. Sie hilft Kindern und Jugendlichen, problematische Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zu erkennen und gezielt zu verändern. Dabei werden auch akute Symptome behandelt, damit Betroffene möglichst schnell wieder handlungsfähig sind und Selbstwirksamkeit im Alltag erfahren. Altersgerechte Übungen, Spiele oder Geschichten sowie die Einbeziehung von Eltern sorgen dafür, dass Veränderungen praxisnah und nachhaltig umgesetzt werden. Die Verhaltenstherapie umfasst z. B. Strategien gegen Angst, Depression oder ADHS und zeichnet sich u. A. durch Folgendes aus:
- Zielorientiert und praktisch: Kinder lernen Schritt für Schritt, wie sie mit Ängsten oder belastenden Gedanken und Gefühlen umgehen können.
- Integration in den Alltag: Pädagogischer Hintergrund erleichtert, dass die erlernten Techniken zu Hause, in der Schule und im Alltag angewendet werden.
- Synergie mit Systemik: Verhaltenstherapie kann besser wirken, wenn sie im Kontext von Familie und Schule umgesetzt wird.
Aktuelle Metaanalysen zeigen, dass kognitive Verhaltenstherapie bei Angststörungen, Depressionen, Verhaltensauffälligkeiten oder anderen psychischen Problemen hochwirksam ist (Hacer et al., 2025; Oud et al., 2019; Weisz et al., 2017).
Traumapädagogik und Stabilisierung
Wenn man sich das Fach der Traumapädagogik anschaut, wird deutlich, dass Kinder vor einer erfolgreichen Therapie immer zuerst Stabilität, Schutz und sichere Beziehungen brauchen, bevor sie traumatische Erlebnisse bearbeiten können. Mein pädagogischer Hintergrund erleichtert mir eben genau diesen Beziehungsaufbau und hilft mir dabei, dem Kind die nötige Sicherheit und Stabilität zu bieten. Auf dieser Basis kann dann Psychotherapie gezielt Traumaerfahrungen bearbeiten. Das zeigt, dass Pädagogik und Psychotherapie komplementär arbeiten, sich also gut ergänzen und zusammenwirken, statt miteinander zu konkurrieren (Brezinka, 2018).
Synergie aus Pädagogik, Systemik und Verhaltenstherapie
Die Kombination aus Pädagogik, Systemik und Verhaltenstherapie schafft besonders wirkungsvolle Ansätze in der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen: Pädagogik bringt Alltagsnähe, Beziehungsaufbau, Prävention und Ressourcenförderung ein, während die systemische Perspektive das soziale Umfeld – Familie, Schule und Peers – berücksichtigt. Verhaltenstherapie liefert evidenzbasierte, ziel- und symptomorientierte Methoden. Zusammen ermöglichen diese drei Ansätze die Problemaktualisierung und eine ganzheitliche, ressourcenorientierte und evidenzbasierte Unterstützung, die die Kinder und Jugendlichen nachhaltig stärkt (Problembewältigung).
Fazit und Ausblick
Mein pädagogischer Hintergrund ist für die psychotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein entscheidender Mehrwert. Er schafft präventive Strukturen, unterstützt den Alltag, stärkt Ressourcen und Beziehungen und ergänzt verhaltenstherapeutische Interventionen optimal.
Pädagogik bringt präventive Kompetenz, systemisches Wissen und Kenntnisse über Unterstützungsstrukturen ein, Psychotherapie liefert evidenzbasierte Behandlung. Gemeinsam eröffnen beide Zugänge Kindern, Jugendlichen und ihren Familien nachhaltige Wege zu mehr Stabilität, Selbstwirksamkeit und langfristiger psychischer Gesundheit.
Meine Vision ist es, Räume zu schaffen, in denen Kinder, Jugendliche und Eltern alles fühlen, denken und aussprechen dürfen. Studien zeigen, dass genau solche Bedingungen entscheidend für Entwicklung, Heilung und Veränderung sind. Dazu braucht es Sicherheit, Beziehung, Vertrauen und Kontextsensibilität.
Im Konkreten bedeutet das:
- Sicherheit – Kinder und Jugendliche brauchen einen geschützten Rahmen, um sich öffnen zu können.
- Beziehung – stabile, vertrauensvolle Bindungen sind nachweislich eine der wichtigsten Wirkvariablen in Psychotherapie und Pädagogik.
- Vertrauen – ohne Vertrauen wird weder ein pädagogisches noch ein psychotherapeutisches Angebot wirksam.
- Kontextsensibilität – Hilfe wird nur dann wirksam, wenn sie das Umfeld (Familie, Schule, soziale Systeme) berücksichtigt.
Ich stelle die zwischenmenschliche Beziehung in den Mittelpunkt meiner Arbeit– als sicherer Raum, in dem Entwicklung, Veränderung und manchmal auch Heilung möglich werden. Mein Ziel ist, die bereits vorhandenen Ressourcen der Kinder und Jugendlichen sichtbar zu machen und gemeinsam neue Wege zu entdecken. Selbst in belastenden Situationen gibt es immer etwas Positives zu finden – diesen Schatz gemeinsam mit Kindern und Eltern auszugraben und wieder sichtbar zu machen, ist für mich der Kern meiner Arbeit.
Meine Erfahrungen ermöglichen eine vielschichtige, fein abgestimmte und praxisnahe Arbeitsweise, die sowohl das Kind als Individuum als auch sein familiäres und soziales Umfeld berücksichtigt. Sie erlaubt es, flexibel zwischen Förderung, Beratung und Therapie zu agieren, tragfähige Beziehungen aufzubauen und wirksame, evidenzbasierte Interventionen durchzuführen.
Ich freue mich, hier bei der TALENT SAFARI mit Kindern, Jugendlichen und Familien unterwegs zu sein – immer auf der Suche nach dem, was auch in schwierigen Momenten guttut.
Lisa Klink
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Referenzen
Ahrbeck, B. (2015). Pädagogik und Psychotherapie: Eine Einführung. Stuttgart: Kohlhammer.
Alemdar H. & Karaca A. (2025). The effect of cognitive behavioral interventions applied to children with anxiety disorders on their anxiety level: A meta-analysis study. Journal of Pediatric Nursing, 80, 246–254.
Axline, V. M. (2015). Spieltherapie: Die Grundlagen des nicht-direktiven Spiels. München: Ernst Reinhardt.
Brezinka, W. (2018). Traumapädagogik: Grundlagen, Methoden und Praxis. Weinheim: Beltz.
Cai, C., Mei, Z., Wang, Z., & Luo, S. (2025). School-based interventions for resilience in children and adolescents: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Frontiers in Psychiatry, 16, 1594658.
Oud, M., de Winter, L., Vermeulen-Smit, E., Bodden, D., Nauta, M., Stone, L. et al. (2019). Effectiveness of CBT for children and adolescents with depression: A systematic review and meta-regression analysis. European psychiatry : the journal of the Association of European Psychiatrists, 57, 33–45.
Petermann, F. & Wiedebusch, S. (2016). Diagnostik in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Göttingen: Hogrefe.
Stierlin, H., Simon, F. B. & Wynne, L. (2019). Systemische Familientherapie. Stuttgart: Klett-Cotta.
Weisz, J. R., Kuppens, S., Ng, M. Y., Eckshtain, D., Ugueto, A. M., Vaughn-Coaxum, R. et al. (2017). What five decades of research tells us about the effects of youth psychological therapy: A multilevel meta-analysis and implications for science and practice. American Psychologist, 72, 79–117.
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