Diagnostik von Lernstörungen

 

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Einführung

Die Untersuchung von Lernstörungen bei Kindern ist ein komplexes Thema, das nicht nur die Kinder, sondern auch Sie, als Eltern vor große Herausforderungen stellen kann. Dies betrifft vor allem Kinder in der Grundschule, weil dort die Probleme grundlegender schulischer Fertigkeiten augenscheinlich werden. Im Rahmen einer Kontaktaufnahme mit TALENT SAFARI können viele Fragen aufkommen: Was erwartet mein Kind im Rahmen einer psychologischen Diagnostik bei TALENT SAFARI? Was folgt nach einer Diagnose bzw. welche Hilfestellungen erfolgen?

Wir werfen gemeinsam einen Blick auf die Diagnostik von Lernstörungen, insbesondere in Bereiche von Schriftspracherwerb und Rechenkompetenz, und schauen uns an, warum Expertinnen und Experten eine kritische Überprüfung der gängigen Klassifikationskriterien fordern (Mähler, 2021).

Was erwartet mein Kind im Rahmen der psychologischen Diagnostik?

Eltern, die mit dem Verdacht auf Lernstörungen konfrontiert sind, fragen sich oft, was sie bei einer kinderpsychologischen Praxis wie TALENT SAFARI erwartet.

Zunächst sollten Begrifflichkeiten geklärt werden. Mähler (2021) hebt hier hervor, dass die gängigen Begrifflichkeiten wie Lernschwierigkeiten, Lernstörungen, Lernschwächen und Lernbehinderungen in der Literatur oft unsauber voneinander getrennt werden. Alle Begrifflichkeiten meinen im Kern das Gleiche: Eine signifikante Abweichung des Leistungsniveaus im Lesen, Rechtschreiben und / oder Rechnen bei einem Kind, das die Grundschule besucht. Dabei ist eine zentrale Diagnosekomponente die Diskrepanz zwischen Schulleistungen, insbesondere in Deutsch und/oder Mathematik, und dem Intelligenzquotienten (IQ), der durch eine Intelligenzmessung ermittelt wird. Dieses Kriterium sollte jedoch kritisch hinterfragt werden.

Als Diagnosekriterium wurde in der Vergangenheit häufig das doppelte Diskrepanzkriterium bei der Diagnostik von Lernstörungen, speziell im Bereich der Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie) und Rechenstörung (Dyskalkulie), angewendet. Dieses Kriterium basiert auf der Idee, dass eine signifikante Diskrepanz zwischen der schulischen Leistung eines Kindes und seiner Intelligenz existieren muss, um eine Lernstörung zu diagnostizieren.

Genauer gesagt, wird das doppelte Diskrepanzkriterium angewendet, wenn:

  1. Es eine Diskrepanz zwischen der schulischen Leistung des Kindes und seiner Intelligenz gibt: Das Kind zeigt in einem oder mehreren schulischen Bereichen (z. B. Lesen, Rechtschreiben, Rechnen) deutliche Schwierigkeiten, während seine allgemeine kognitive Fähigkeit als durchschnittlich oder überdurchschnittlich betrachtet wird.
  2. Diese Diskrepanz nicht allein durch andere Faktoren erklärt werden kann: Andere mögliche Ursachen für schulische Schwierigkeiten, wie mangelnde Unterrichtsqualität, emotionale Probleme, Seh-/ Hörschwächen oder sprachliche Barrieren, sollten ausgeschlossen werden.

Moderne psychologische Diagnostik sollte jedoch nicht nur auf diesem Kriterium basieren, sondern verschiedene kognitive Fähigkeiten berücksichtigen. Das doppelte Diskrepanzkriterium wurde in der Vergangenheit kritisiert, da es zu restriktiv sein kann und einige Kinder mit tatsächlichen Lernschwierigkeiten möglicherweise nicht erfasst werden. Forschungsergebnisse zeigen, dass einige Kinder trotz einer durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Intelligenz Schwierigkeiten in schulischen Bereichen haben können (Hasselhorn & Schuchardt, 2006). Eine alleinige Betonung der Diskrepanz zwischen Intelligenz und schulischer Leistung könnte zu spätzeitigen Interventionen führen, wie von Mähler (2021) betont wurde.

In neueren Ansätzen zur Diagnostik von Lernstörungen wird vermehrt ein ganzheitlicherer Blick auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes eingenommen, wobei nicht ausschließlich auf die Diskrepanz zwischen Intelligenz und schulischer Leistung geachtet wird.  Insbesondere, da nur eine mäßige Korrelation zwischen Begabung und Leistung, also kein großer bzw. erheblicher Zusammenhang, in vielen schulischen Bereichen zu beobachten ist (Schlee, 1976). So ist der Schulerfolg durch weitere wichtige Einflussfaktoren charakterisiert.

Eine umfassende Diagnostik kann helfen, die individuellen Bedürfnisse und Stärken eines Kindes besser zu verstehen. Deshalb sollte die Diagnostik nicht nur auf schulischen Leistungen basieren, sondern einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen (Mähler, 2021). Zu dieser umfassenden Diagnostik gehören nicht nur kognitive Fähigkeiten, wie die Intelligenz und fachspezifische Kompetenzen (Lesen, Rechtschreiben und / oder Rechnen), sondern ebenfalls emotionale und soziale Fähigkeiten. Zum Beispiel auch die Erfassung von psychischen Schutzfaktoren (Ressourcen) eines Kindes, die etwa dem Fragebogen zu Ressourcen im Kindes- und Jugendalter (FRKJ 8-16; Lohaus & Nussbeck, 2016) in Erfahrung gebracht werden können.

Was folgt nach einer Diagnostik und welche Hilfestellungen erfolgen?

Ist die oben beschriebene Diagnostik durchlaufen, fragen sich die Eltern oft, welche Schritte folgen und welche Hilfestellungen für ihr Kind angebracht sind. Die TALENT SAFARI betont die Bedeutung von Interventionen in der pädagogischen Praxis, insbesondere im Bereich der Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Es zeigt sich, dass Interventionen für Kinder mit und ohne IQ-Diskrepanz gleichermaßen wirksam sein können (Mähler, 2021).

Die pädagogischen Maßnahmen sollten nicht nur auf schulische Defizite abzielen, sondern auch die individuellen Bedürfnisse (emotionale, soziale, kulturelle, kognitive, physische Bedürfnisse; Lernstil & Präferenzen) des Kindes berücksichtigen. Hierbei spielt die Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrkräften und Psychologinnen und Psychologen eine entscheidende Rolle. Eltern sollten aktiv in den Prozess eingebunden werden und Informationen sowie Unterstützung erhalten, um ihr Kind bestmöglich zu fördern. Diese Unterstützungsmaßnahmen können zum Beispiel ausaußerschulischer Förderung: Nachhilfe, Psychoedukation oder Aufmerksamkeitstrainings wie bei TALENT SAFARI, und schulischer Förderung: Förderunterricht mit evtl. zusätzlicher individueller, persönlicher Lehrkraft, die beim Lernprozess unterstützt, bestehen.

Fazit

Bei TALENT SAFARI wird für ein Umdenken in der diagnostischen Praxis plädiert, insbesondere in Bezug auf das doppelte Diskrepanzkriterium (Mähler, 2021). Eine umfassende Diagnostik, die verschiedene kognitive Fähigkeiten berücksichtigt, wird als notwendigen Schritt angesehen, um allen betroffenen Kindern angemessene Unterstützung und Behandlung zukommen zu lassen.

Wir weisen gerne darauf hin, dass Kinder mit Lernschwierigkeiten langfristige und umfassende Unterstützung benötigen. Die Eltern spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie aktiv am Prozess teilnehmen, die Bedürfnisse ihres Kindes verstehen und gemeinsam mit Fachleuten die bestmögliche Unterstützung bieten (Mähler, 2021).

Wir hoffen, dass in diesem Blogartikel die Komplexität der Diagnostik von Lernstörungen deutlich wurde. Wir bei TALENT SAFARI verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Eltern als wichtige Partner im Prozess der Unterstützung ihrer Kinder agieren.

Xenia Toepfer

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Referenzen

Hasselhorn, M. & Schuchardt, K. (2006). Epidemiologie Lernstörungen. Kindheit und Entwicklung, 15, 208–215.

Lohaus, A. & Nussbeck, F. W. (2016). FRKJ 8-16 – Fragebogen zu Ressourcen im Kindes- und Jugendalter. Göttingen: Hogrefe.

Mähler, C. (2021). Diagnostik von Lernstörungen: Zeit zum Umdenken. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 35, 217–227.

Schlee, J. (1976). Legasthenieforschung am Ende? München: Urban & Schwarzenberg.