Social Media und Körperbild (nicht nur) bei Mädchen
Social Media
Durch den einfachen Zugang und ihre globale Verfügbarkeit nehmen soziale Medien immer mehr Einfluss auf viele Lebensbereiche – vor allem auf das Leben von jungen Menschen. Jugendliche und junge Erwachsene stellen die wichtigste Zielgruppe von sozialen Netzwerken dar. Alleine die Social-Media-Plattform Instagram zählte im Jahr 2022 mehr als 1,3 Milliarden aktive Nutzer*innen pro Monat. Etwa 81 % der 16-29 Jahre alten Personen nutzen die Plattform in Deutschland (Statistisches Bundesamt, 2022).
Obwohl Instagram unter anderem eine tolle Möglichkeit bietet, mit seinen Mitmenschen in Kontakt zu treten, wurde besonders in den letzten Jahren das Folgen von so genannten Influencer*innen und ihrem Lifestyle immer beliebter. Influencer*innen fungieren auf der Plattform häufig als Vorbilder, die sich zu Ernährungsweisheiten und körperlichen Aktivitäten positionieren und damit Einfluss auf die Nutzenden nehmen (Bevelander et al., 2018). Studien zeigen, dass davon auszugehen ist, dass Influencer*innen auch aktiv zur Identitätsfindung junger Erwachsener beitragen (Endres, 2018). Zu den populärsten Themenbereichen auf Social Media gehören Kochen und Essen sowie Sport und Gesundheit (Statistisches Bundesamt, 2021).
Social Media und junge Frauen
Besonders junge Frauen bekommen durch Influencer*innen häufig das vermeintliche Idealbild eines dünnen, schlanken Körpers vermittelt. Dadurch entsteht im Rahmen der Identitätsentwicklung im Jugendalter schnell das Gefühl, sie müssten diesem Ideal entsprechen. Zusätzlich wird dieser Gedanke durch die positiven Resonanzen der Social Media Community auf die idealisierten Körper der Influencer*innen verstärkt. Dies geschieht im Sinne einer positiven Verstärkung durch Likes und positive Kommentare. Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele junge Frauen danach streben, möglichst dünn zu sein und einen möglichst geringen Körperfettanteil zu haben.
Social Media und junge Männer
Für junge Männer bedeutet dagegen ein ideales Körperbild möglichst sportlich und muskulös auszusehen. Eine interessante Studie, welche mit 520 Teilnehmenden (245 Männer) durchgeführt wurde, ergab, dass Männer im Vergleich zu Frauen eher zu muskelaufbauenden Verhaltensweisen neigen (z. B. Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, wie Proteinshakes) und auch zum Zwecke des Muskelaufbaus trainieren (McCabe & James, 2009). Eine weitere Studie ergab, dass ca. 90 % der Männer nach einem muskulösen Körper streben (Frederick et al., 2007).
Auswirkungen von Social Media auf das Körperbild
Durch die wahrgenommene Diskrepanz zwischen dem eigenen Körperbild und dem auf Social Media präsentierten, vermeintlich idealen Körper neigen viele junge Menschen dazu, unzufrieden mit dem eigenen Aussehen zu sein. Nicht selten leidet das Selbstwertgefühl darunter. Oft beginnen junge Menschen schon früh mit einer Diät, und zwar häufig dann, wenn sich mit dem Beginn der Pubertät der Körperfettanteil biologisch bedingt erhöht (Tuschen-Caffier & Bender, 2013).
Neuere Studien konnten zeigen, dass die Nutzung sozialer Medien nicht nur negative Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden, das Körperbild und die sozialen Vergleiche der Nutzer*innen hat, sondern auch das Risiko für eine Essstörung erhöht (z. B. Turner & Lefevre, 2017). Wieder andere Studien zeigen, dass eine hohe Körperunzufriedenheit, wie sie durch Instagram bei vielen jungen Mädchen verstärkt oder gar ausgelöst wird, einen Risikofaktor für das Entstehen einer Essstörung darstellt. Zudem ist das vermehrte Beschäftigen mit der eigenen Figur ein wichtiges Kernmerkmal von Essstörungen im Allgemeinen (Tuschen-Caffier & Bender, 2013).
Ausblick
Erfreulicherweise wendet sich aktuell der Trend zu einem realistischeren Körperbild und zu mehr Selbstakzeptanz. Die Bewegung „Body Positivity“, welche ursprünglich aus den USA kommt, aber seit 2012 auch Deutschland erreicht hat, plädiert für Selbstliebe und die Abschaffung der überhäuften Darstellung unrealistischer Schönheitsideale. Immer mehr Influencer*innen auf den Social-Media-Plattformen zeigen sich inzwischen auch mit ihren Makeln und Fehlern und präsentieren damit ein realistisches Körperbild, um die Illusion des perfekten schlanken Körpers zu entkräften. Auch Formate im Fernsehen, wie zum Beispiel die deutsche Castingshow „Curvy Supermodel“ des Senders RTL II, arbeiten mittlerweile gegen die Darstellung der idealisierten Körperbilder. Diese Entwicklung lässt nicht nur viele Eltern und Lehrkräfte, sondern auch Psychologinnen und Psychologen aufatmen.
Marie Bähre
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Referenzen
Bevelander, K. E., Smit, C. R., van Woudenberg, T. J., Buijs, L., Burk, W. J. & Buijzen, M. (2018). Youth’s social network structures and peer influences: study protocol MyMovez project–Phase I. BMC public health, 18, 504.
Endres, E.-M. (2018). Ernährung in Sozialen Medien: Inszenierung, Demokratisierung, Trivialisierung. Wiesbaden: Springer.
Frederick, D. A., Buchanan, G. M., Sadehgi-Azar, L., Peplau, L. A., Haselton, M. G., Berezovskaya, A., & Lipinski, R. E. (2007). Desiring the muscular ideal: Men’s body satisfaction in the United States, Ukraine, and Ghana. Psychology of Men & Masculinity, 8, 103-117.
McCabe, M. P. & James, T. (2009). Strategies to change body shape among men and women who attend fitness centers. Asia-Pacific Journal of Public Health, 21, 268-278.
Statistisches Bundesamt (2022). Prognose zur Anzahl der monatlich aktiven Nutzer von ausgewählten Social-Media-Plattformen weltweit für das Jahr 2022. Zitiert nach de.statista.com. Abgerufen von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1031943/umfrage/anzahl-der-nutzer-von- ausgewaehlten-social-media-plattformen-weltweit/ [26.05.2023]
Statistisches Bundesamt (2021). Zu welchen Themen Posten, Liken, Teilen und Kommentieren Sie auf Social-Media-Plattformen? Zitiert nach de.statista.com. Abgerufen von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1264605/umfrage/engagement-auf-social-media-plattformen-nach-themen/ [26.05.2023]
Turner, P. G. & Lefevre, C. E. (2017). Instagram use is linked to increased symptoms of orthorexia nervosa. Eating and Weight Disorders, 22, 277-284.
Tuschen-Caffier, B. & Bender, C. (2013). Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie. Kapitel 30: Anorexia nervosa und Bulimia nervosa. Göttingen: Hogrefe.
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