
Konzentration verbessern mit Biofeedback
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Einführung
Im Schulkontext ist es besonders wichtig, dass Kinder und Jugendliche ihre Aufmerksamkeit selbst regulieren lernen, um zielführend handeln zu können. Die Fokussierung von Aufmerksamkeit bildet die Grundlage für das Verarbeiten von Informationen und folglich für das Lernen selbst. Die Fähigkeit sich zu konzentrieren kann in diesem Zusammenhang als ein wichtiger Schlüssel gesehen werden, damit eine Fokussierung auf wesentliche Lerninhalte gelingt. Konzentration kann also als eine Fähigkeit definiert werden, relevante Handlungen für schulisches Lernen absichtsvoll zu steuern und deren Ausführung zu kontrollieren.
Konzentration ist gleichwohl ein Zustand, der durch Kinder und Jugendliche immer wieder hergestellt werden muss. Dies gilt sowohl für erfolgreiches Lernen als auch für das Umsetzen des Gelernten in Leistung. Doch wie können Kinder und Jugendliche lernen, sich besser zu konzentrieren? Ist Konzentration eine Fähigkeit, die man gezielt trainieren kann? Auf diese Fragen soll dieser Blog-Artikel ein paar Antworten liefern.
Was ist Biofeedback?
Biofeedback ist als erlebnisorientiertes Verfahren der Verhaltensmedizin zu definieren, das als methodischer Baustein in einer Kinderpsychotherapie und anderen psychologischen Interventionen angewendet werden kann. Die übenden Personen lernen, einen Entspannungszustand selbstwirksam herstellen zu können, was eine Ressource zur individuellen Stressbewältigung darstellt (Martin & Rief, 2009). Mit technischer Hilfe werden normalerweise unbewusst ablaufende physiologische Prozesse durch Rückmeldung (Feedback) wahrnehmbar gemacht (DGBfb, 2023).
Zu den physiologischen Prozessen gehören z. B. Herzschlag, Hautleitfähigkeit oder Muskelspannung. Es erfolgt dann eine Rückmeldung in Form von optischen, akustischen oder anderen Signalen. Das Ziel von Biofeedback besteht darin, der übenden Person das Erlernen der Kontrolle über bestimmte, unbewusst ablaufende Prozesse zu ermöglichen, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Symptomatik gesehen werden (Rau, 2008).
Ein Anwendungsbeispiel
Es könnte zum Beispiel die Situation bestehen, dass Kinder oder Jugendliche bei mündlichen Vorträgen so eine starke Erregung (Arousal) aufweisen, dass sie ein so genanntes „Blackout“ erleben. Das Ziel des Biofeedback-Trainings würde in diesem Fall darin bestehen, eine bereits erlernte (dysfunktionale) Reiz-Reaktionsverknüpfung mit einer verfügbaren Ressource zu verknüpfen. Eine ungünstige Reiz-Reaktionsverknüpfung wäre in diesem konkreten Fall, dass der mündliche Vortrag zu übermäßigem akutem Stress führt. Als eine Ressource könnte die Aktivierung der individuellen Entspannungsreaktion im Zusammenhang mit einer bestimmten Vorstellung sein (Benson, 2000).
Durch klassische Konditionierung wird dann eine neue (funktionale) Verknüpfung zwischen der ursprünglichen Situation und der positiv assoziierten Vorstellung hergestellt. Die Kinder oder die Jugendlichen lernen, dass die bisher zu stark ausgeprägte Stressreaktion bei dem mündlichen Vortrag beeinflussbar ist und aktiv herunterreguliert werden kann. In diesem Zusammenhang bildet die Entspannungsreaktion das natürliche Gegengewicht zur Stressreaktion.
Praktische Umsetzung
Bei TALENT SAFARI arbeiten wir gerne mit einem Programm namens SenseLearn, das speziell für die Anwendung mit Kindern und Jugendlichen im Schulkontext entwickelt wurde (Reschke, Weselek & Neuwirth, 2023). SenseLearn bietet ein modernes, computergestütztes Biofeedback-Training zur Verbesserung selbstregulativer Kompetenzen. Es wurde als minimalistisches Trainingsformat konzipiert, mit dem speziell die individuelle Entspannungs- und Konzentrationsfähigkeit verbessert werden kann. Von den verschiedenen messbaren Körpersignalen wird bei SenseLearn der Hautleitwert genutzt.
Der Hautleitwert bzw. die elektrodermale Aktivität der Haut bezeichnet die Schweißdrüsenaktivität der Hautoberfläche. Diese wird über das vegetative Nervensystem (Sympathikus) gesteuert und zeigt Veränderungen von Anspannung vs. Entspannung an. Die Schweißdrüsen reagieren unmittelbar auch auf kleinste Veränderungen, die mit Hilfe der Software optisch rückgemeldet und für das Biofeedback-Training benutzt werden. Dies hat den Hintergrund, dass Hautwiderstand als ein guter Indikator für emotionale Erregung (Arousal) im Zusammenhang mit Angst- und Stresserleben angesehen wird (Rau, 2008). Mit dem Hautleitwert lässt sich demnach der mentale und emotionale Zustand der übenden Person gut abbilden.
4 Gründe, warum Biofeedback die Konzentration verbessert
1. Förderung der Selbstregulation
Viele Konzentrationsprobleme entstehen durch innere Unruhe oder Stress. Biofeedback hilft Kindern, ihre Erregung zu erkennen und gezielt zu reduzieren. Indem sie lernen, sich selbst zu regulieren, fällt es ihnen leichter, fokussiert zu bleiben.
2. Sofortige Rückmeldung steigert den Lerneffekt
Im Gegensatz zu klassischen Entspannungsmethoden wie autogenem Training gibt Biofeedback eine direkte Rückmeldung über den aktuellen Entspannungs- oder Erregungszustand. Kinder erleben in Echtzeit, wie sich ihr Körper verändert – das macht das Training effektiver und motivierender.
3. Weniger Stress, mehr Konzentration
Ein häufiges Problem: Bei Prüfungen oder Vorträgen blockiert Stress die Denkleistung. Biofeedback kann Kindern beibringen, ihre Stressreaktionen bewusst zu beeinflussen, sodass sie auch in herausfordernden Situationen konzentriert bleiben.
4. Spielerisches Lernen erhöht die Motivation
Gerade für Kinder ist Biofeedback besonders attraktiv, weil es oft spielerisch eingesetzt wird. Programme wie SenseLearn machen das Training interaktiv und spannend – ein entscheidender Vorteil, um Motivation und Dranbleiben zu fördern.
Fazit
Biofeedback ist eine wirksame Methode, um Kindern zu helfen, ihre Konzentration nachhaltig zu verbessern. Durch die direkte Rückmeldung lernen sie schnell, ihre innere Balance zu steuern. Gerade für Kinder mit Konzentrationsproblemen kann Biofeedback eine wertvolle Unterstützung sein – in der Schule und darüber hinaus
Mehr Informationen gibt es auch auf unserem Instagram-Kanal.
Tom Reschke
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Referenzen
Benson, H. (2000). The relaxation response – Updated and expanded. New York: Avon.
Deutsche Gesellschaft für Biofeedback. (2023). Was ist Bio- bzw. NeuroFeedback? Abgerufen von: https://dgbfb.de/bio-neurofeedback/was-ist-bio-neurofeedback/ [23.05.2023]
Martin, A. & Rief, W. (2009). Wie wirksam ist Biofeedback? Eine therapeutische Methode. Bern: Huber.
Rau, H. (2008). Biofeedback. In J. Margraf (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie (S. 555–564). Göttingen: Hogrefe.
Reschke, T., Weselek, A. & Neuwirth, G. (2023). Biofeedback für Kinder und Jugendliche – Erlebte Selbstregulation und Konzentration spielend verbessern. In K. Reschke, H.-J. Feuerstein, D. Krieger & D. Balkhausen (Hrsg.), Beiträge zur Experientiellen Verhaltenstherapie für Kinder und Jugendliche (S. 97–114). Düren: Shaker.
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