Positive Spielzeit für mehr Harmonie

 

Einführung

Die Beziehung zwischen Kindern mit psychischen Erkrankungen und deren Eltern ist oft angespannt und kann auch manchmal sehr angespannt sein. Besonders bei Kindern mit sogenannten externalisierenden Störungen, wie einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder einer Störung mit oppositionellem Trotzverhalten, kann der Familienalltag zu einer echten Herausforderung werden. Probleme und Schwierigkeiten sind dann häufig an der Tagesordnung, sei es beim Hausaufgaben machen oder beim gemeinsamen Essen am Tisch.

ADHS ist die häufigste Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Die Kinder zeichnen sich durch signifikante Unaufmerksamkeit und / oder Hyperaktivität  und Impulsivität aus. Diese kindlichen Besonderheiten machen den Familienalltag oft noch stressiger und es verbleibt wenig Zeit, um sich gezielt der Eltern-Kind-Beziehung zu widmen. Ein wichtiger Ansatzpunkt zur Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung ist die Einführung regelmäßiger positiver Spielzeit, die gemeinsam mit einem Elternteil und dem Kind durchgeführt wird. Sie sorgt für mehr Harmonie und Entspannung im familiären Zusammenleben.

Was ist positive Spielzeit?

Positive Spielzeit ist ein zentraler Bestandteil vieler psychologischer Trainings und Therapien, wie auch im Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern nach Lauth und Schlottke (2019). Die Kernidee positiver Spielzeit ist, dass sich ein Elternteil intensiv mit dem Kind beschäftigt, um die Eltern-Kind-Beziehung zu fördern. Kinder mit ADHS erfahren oft negative Rückmeldungen, nicht nur von den eigenen Eltern, sondern auch von Lehrkräften und anderen Bezugspersonen (z. B. „Bleib jetzt endlich ruhig sitzen“; „Fang mit deinen Hausgaben an“; „Hör auf deine Schwester zu ärgern!“). Häufig führt dies zu negativen Gefühlen wie Frustration beim Kind. Für Kinder mit einer ADHS ist es daher besonders wichtig, ihre Stärken zu betonen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie wertvoll sind, anstatt vieles falsch zu machen. Gemeinsame und exklusive Spielzeit zwischen einem Elternteil und dem Kind (ohne Geschwister) bietet hier einen hilfreichen Ansatzpunkt, um dem Kind dieses Gefühl zu verleihen.

Positive Spielzeit zwischen dem Kind und einem Elternteil wirkt entlastend und bringt viele Vorteile mit sich, allem voran eine Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung. Ein Wirkfaktor liegt beispielsweise darin, dass eine allgemeine Stressreduktion erfolgt, die sich auf emotionaler Ebene durch eine Verbesserung der Stimmung auswirkt. Letztlich führen entspannte Kinder zu entspannten Eltern und damit die positive Spielzeit auch ihre Wirksamkeit entfalten kann, sollten folgende Dinge berücksichtigt werden:

Wichtige Voraussetzungen

Das sollten Eltern vor der positiven Spielzeit beherzigen:

  • Die Spielzeit mit täglich 30 Minuten ansetzen und 5x pro Woche durchführen. Während dieser Zeit beschäftigt sich ein Elternteil intensiv mit dem Kind.
  • Die Spielzeit untereinander klar aufteilen. Es ist nützlich, eine Vereinbarung zu treffen: Wann spielt welcher Elternteil mit dem Kind?
  • Die Spielzeit als tatsächliche Zeit zum Spielen für das Kind definieren. Als Spielzeit gelten keine Versorgungsaktivitäten, wie einkaufen gehen oder Essen zubereiten.
  • Die Spielzeit ausschließlich für das betreffende Kind reservieren. Es handelt sich um exklusive Spielzeit, ohne dass Geschwisterkinder anwesend sind.
  • Die Spielzeit in Innenräumen durchführen. Es ist sinnvoll, wenn das Kind beim Spielen keine grobmotorischen Aktivitäten ausübt, sondern ein ruhiges und konzentriertes Spielen erfolgt.
  • Die Spielzeit positiv anbahnen. Der gemeinsamen Zeit sollte Falls das einmal der Fall ist, dann ist es sinnvoller, die Spielzeit zu verschieben.

Hinweise zur Durchführung

Das sollten Eltern während der positiven Spielzeit beherzigen:

  • Das Kind darf selbst entscheiden, was es spielen möchte. Der Elternteil sollen den Verlauf des Spiels nicht beeinflussen. Es empfiehlt sich eine beobachtende Haltung, also eher passiv und im Hintergrund.
  • Der Elternteil soll keine Kritik äußern und keine Verbesserungsvorschläge vornehmen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Selbstbestimmtheit des kindlichen Spiels.
  • Der Elternteil soll dem Kind etwas Nettes sagen, es loben und ihm gut zusprechen. Diese Vorgehensweise wirkt positiv verstärkend, insbesondere für die Eltern-Kind-Beziehung.
  • Der Elternteil soll körperliche Zuwendung signalisieren. Bereits einfach Gesten wie ein Lächeln oder dem Kind über den Kopf streicheln können wahre Wunder bewirken.
  • Der Elternteil soll geringfügig problematisches Verhalten nicht weiter beachten. Dadurch bleibt der Fokus für das Kind bei der spielerischen Tätigkeit.
  • Der Elternteil soll hingegen auf problematisches oder aggressives Verhalten mit einer deutlichen Geste reagieren und sich vom Kind abwenden. Zeigt das Kind inakzeptables Spielverhalten (z. B. Gegenstände gegen die Wand werfen), sollte es passiv darauf aufmerksam gemacht werden. Dadurch wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des negativen Spielverhaltens reduziert.

Fazit

Diese aufgeführten Regeln sollen Familien den Weg zur positiven Spielzeit mit ihrem Kind ebnen. Wenn sowohl Voraussetzungen als auch die Durchführungshinweise beherzigt werden, dann wird sich die Spielzeit schnell als sehr nützliche Intervention für zu Hause erweisen. Der Wirkmechanismus ist denkbar einfach: Ein entspanntes Kind lässt auch die Eltern entspannen und umgekehrt. Denn Kinder wollen vor allem zwei Dinge: Aufmerksamkeit von ihren Eltern erhalten und ihrer inneren Entdeckerfreude nachkommen. Und wo geht das besser als bei positiver Spielzeit gemeinsam mit Mama oder Papa?

Wir bei TALENT SAFARI sind uns bewusst, welche Herausforderungen der Familienalltag mit sich bringt, insbesondere für Eltern mit Kindern, die von einer psychischen Erkrankung wie ADHS betroffen sind. Anhand dieses Blogartikels erhoffen wir uns, dass Eltern nicht nur die Nützlichkeit von positiver Spielzeit erkennen, sondern sie mit unseren Hinweisen auch umsetzen. Wir hoffen, dass wir ein wenig Neugier wecken konnten, die positive Spielzeit tatsächlich auszuprobieren. Nur Mut, aller Anfang ist leicht, den schwer ist tatsächlich nur das Dranbleiben. Eigentlich wie immer im Leben. Und glauben Sie uns: Dranbleiben lohnt sich!

Marlis Van den Berg & Tom Reschke

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Referenzen

Lauth, G. W. & Schlottke, P. F. (2019). Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern. Weinheim; Basel: Beltz.